Interview

• Was ist Ihr Bildungshintergrund?

  Meine Großmutter war Schneiderin, deshalb wurde mein Vater Schneider. Er heiratete meine Mutter – die ebenfalls aus einer Schneiderfamilie stammte –, aber sie war Stickerin. Ich wurde in einem Zimmer unseres Hauses geboren und atmete meine ganze Kindheit lang mit jedem Atemzug die Luft einer Handwerkswerkstatt.

• Haben Sie von einem Meister gelernt?

  Überhaupt nicht. Wenn man in einer Werkstatt aufwächst, lernt man aus erster Hand, durch Nachahmung. Es ist wie eine natürliche Schule. Niemand hat mir beigebracht, wie man einen Anzug oder eine Jacke näht. Manchmal langweilt es einen, jeden Tag dieselben Reden zu hören – sogar mittags und abends – aber ich schätze, man hat das alles aufgesogen. Und jetzt bin ich es wahrscheinlich, der diese Reden hält!

• Warum entstand die Haute-Couture-Schneiderei in Neapel?

  Im 16. und 17. Jahrhundert war Neapel die bedeutendste Stadt ganz Italiens, nicht nur des Südens, wie wir es heute sind. Unsere Konkurrenten waren Pariser und Londoner – jeder wollte der Eleganteste sein, die Ansprüche waren sehr hoch, und Neapel beherbergte viele der Besten.

• Wie ist Ihr Handwerk innovativ?

  Ich bin ein Mann der alten Schule und arbeite den ganzen Tag in meiner Werkstatt ohne Technik – um alle meine Kunden zufriedenzustellen. Aber ich verstehe auch die Bedeutung sozialer Medien: Wir können die besten Schneider sein, aber ohne gute Kommunikationsfähigkeiten und ohne die Reichweite, anspruchsvolle Kunden zu erreichen, bleibt unser Handwerk unbemerkt und die Traditionen geraten ins Wanken.